Angedacht
Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben. Psalm 46,2 Monatsspruch für den September2025 Liebe Leserinnen und Leser! Viele Menschen sind erschüttert: Krieg, Gewalt, Zerstörung – Menschen verlieren ihr Zuhause, ihre Sicherheit, ihre Hoffnung. Auch ganz persönlich geraten viele ins Wanken – durch Krankheit, durch den Tod eines geliebten Menschen, durch das Gefühl, nicht mehr weiterzuwissen. Manche spüren: Ich habe keine Worte mehr für das, was mich bewegt. Ich kann nicht mehr beten. Ich habe keine Kraft. In eine solche Welt – und in unsere Erschütterungen – spricht Psalm 46. „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke.“, so heißt auch ein Lied zum Psalm 46. In unserem Gesangbuch steht es unter der Nummer 530 in der Vertonung von Heinz Werner Zimmermann. Schon die ersten Töne lassen etwas von dem spüren, was dieser Psalm sagen will: Da ist Bewegung. Da ist Spannung. Und da ist Trost. Die Musik beginnt nicht mit lärmendem Triumph, sondern mit einem ruhigen, ernsten Ruf – wie ein Klang, der aus der Tiefe kommt (Psalm 130!) und sich seinen Weg bahnt: durch Angst hindurch – hin zur Hoffnung. Wie ein Gebet ohne Worte bahnt sich die Musik ihren Weg – tastend, hoffend, vertrauend. Musik spricht oft da, wo Worte nicht mehr reichen. Sie lässt Hoffnung klingen, wo der Atem stockt. Vielleicht summen oder spielen manche von Ihnen diese Melodie, wenn sie das Titelbild betrachten. Vielleicht spricht die Musik in Momenten, in denen die Worte fehlen. Die Vertonung von Heinz Werner Zimmermann wird so zur klingenden Auslegung von Psalm 46 – und zu einem leisen Zeugnis: Gott ist da. Er hört. Er trägt. Er bleibt. Ich denke an eine Begegnung, bei der Psalmwort und Musik für mich auf besondere Weise lebendig wurden: Ich war bei einem alten Ehepaar zu Besuch zum Hausabendmahl. Der Mann war schwer erkrankt und so schwach, dass er nicht mehr schlucken konnte. Seine Frau wollte aber nicht ohne ihn das Abendmahl feiern. „Wir sind doch ein Leben lang gemeinsam an den Tisch des Herrn gegangen – ich kann ihn doch jetzt nicht ausschließen“, sagte sie mit Tränen in den Augen. Also haben wir gemeinsam einen Weg gesucht: Sie empfing das Abendmahl – während ich ihren Mann salbte. Ich zeichnete ihm ein Kreuz auf die Stirn, sprach den Segen und sagte: „Christus ist bei dir – mit seiner Kraft, mit seinem Frieden, mit seiner Liebe.“ Es war ein stiller, heiliger Moment. Für sie beide – und auch für mich. Die Frau sagte später: „Ich habe gespürt: Wir waren nicht allein. Jesus war mitten unter uns.“ Und der Mann lächelte. Ganz schwach. Aber tief aus dem Herzen. Psalm 46 – und auch Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ – laden uns ein, genau darauf zu vertrauen: Nicht auf unsere eigene Stärke – sondern auf Gottes Nähe. Nicht auf perfekte Frömmigkeit – sondern auf seine Treue. Nicht auf ein Leben ohne Not – sondern auf seine Gegenwart in der Not. „Darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge“, heißt es im Psalm. Was für ein starkes Wort! Nicht trotzig, sondern getragen von einer tiefen Hoffnung: Gott bleibt. Er trägt uns. Er ist unsere Zuflucht – auch wenn alles andere ins Wanken gerät. Diese Hoffnung war auch die Kraftquelle Martin Luthers in den Wirren seiner Zeit. Aus Psalm 46 heraus hat er das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ gedichtet – ein Lied des Trostes, nicht des Triumphes. So will Gott für uns sein: eine Burg, zu der wir fliehen dürfen – nicht aus Angst, sondern aus Vertrauen. Ein Ort, um Kraft zu schöpfen. Und so heißt es in Luthers Lied: „Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen – so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen.“ Was zunächst kämpferisch klingt, ist in Wahrheit ein Lied der Hoffnung – in einer Zeit voller Bedrohung, Unsicherheit und Angst. Dahinter steht keine menschliche Überheblichkeit, sondern ein tiefes Vertrauen: Wir sind nicht allein. Gott kämpft an unserer Seite – nicht mit Gewalt, sondern mit seinem Wort, mit seinem Geist, mit seiner Liebe. Die „Teufel“ von heute tragen andere Namen: Angst, Hass, Verzweiflung, Krankheit. Aber die Zusage bleibt: Sie sollen uns nicht verschlingen. Wer das glauben kann, findet Halt – wie in einer festen Burg. Wer sich in diese Verheißung fallen lassen kann, spürt: Gott ist da. Und er bleibt. Diese Gewissheit wünsche ich Ihnen und Euch allen – im Alltag, in dieser Weltlage, im Leben und im Sterben. Mit herzlichen Segenswünschen. Michael Hüstebeck; Pfarrer |